Programm 2025
Programm der
35. Auricher Wissenschaftstage
02. September 2025
Eröffnungsveranstaltung
„Denken tut not. Eine Verteidigung der Wissenschaft gegen ihre Feinde“
Andreas Sentker
Geschäftsführender Redakteur DIE ZEIT
Herausgeber des Magazins ZEIT Wissen
Mitglied im wissenschaftlichen
Beirat der Universität Tübingen
Frei denken, fragen und forschen zu dürfen – das garantiert uns unser Grundgesetz. Doch das ist keine Selbstverständlichkeit. An vielen Orten der Welt müssen Menschen um diese Freiheit kämpfen. Denn sie wurde und wird angegriffen, von außen wie von innen, in der Türkei, in Polen, in den USA und ja, auch hier in Deutschland. Wörter werden geächtet, Fragen nicht zugelassen, Finanzierungen gestrichen. Es gibt Sprechverbote, Reiseverbote, Publikationshürden. Mancher Forscher, manche Forscherin wird unverhohlen persönlich bedroht.
Wie wichtig die Freiheit der Forschung für uns alle ist – und warum ihre größte Tugend der Zweifel ist – das ist eine zentrale Erkenntnis der Aufklärung und eine der wichtigsten Fragen der Gegenwart.

04. September 2025
Wie das Gehirn die Bedürfnisse des Körpers wahrnimmt
Prof. Marc Tittgemeyer
Universität Köln
Neurowissenschaft
Macht uns unser Gehirn dick? - Wie unser Stoffwechsel unser Verhalten bestimmt
Appetit verspüren, einen Pudding holen, ihn genießen und sich noch einen nehmen: Eine Vielzahl elektrischer und chemischer Signale sorgen dafür, dass unser Körper und Gehirn in Ernährungsfragen gemeinsame Sache machen. Wie aber resultiert aus dieser physiologischen Wechselwirkung, warum wir regelrecht süchtig nach Snacks sind? Weshalb ist es oft schwer das Gewicht zu halten oder abzunehmen? Im Vortrag wird diskutiert, wie das Gehirn unsere Nahrungsaufnahme steuert und welche Folgen die „Absprachen“ zwischen Körper und Hirn auch auf unser Alltagsverhalten haben.
08. September 2025
Verstehen wir das Universum?
Prof. Bruno Leibundgut
ESO Europäischen
Südsternwarte
Kosmologie versucht die Vergangenheit und die Zukunft des Universums mit den bekannten physikalischen Gesetzen zu erklären. Es ist nicht verwunderlich, dass sich besserem physikalischem Verständnis unser Weltbild immer wieder verändert hat. In den letzten 100 Jahre hat sich ein Modell entwickelt, das auf wenigen einfachen Annahmen beruht und die meisten Beobachtungen erklären kann. In diesem Modell hat das Universum einen zeitlichen Anfang und seine Entwicklung wird von seinem Inhalt bestimmt. Ich werde den Stand der heutigen Kosmologie und der entscheidenden Beobachtungen beschreiben.
10. September 2025
Auf dem Weg zum Quanteninternet
Prof. Gerhard Rempe
MPI für Quantenoptik
Garching
Kann es ein erdumspannendes Quanteninternet geben? Vielleicht nicht, denn die Quantenphysik wurde für die mikroskopische Welt entwickelt. Falls doch, wird es ungeahnte Möglichkeiten eröffnen: Eine Quantensuchmaschine wird beispielsweise Antworten auf Fragen liefern, die sich selbst die Maschine nicht merken kann. Kleinere Quantenprozessoren lassen sich zu einem größeren Quantencomputer vernetzen. Vernetzte Quantensysteme werden zu einem neuen Verständnis des abstrakten Konzepts der Verschränkung führen. Nicht zuletzt stellt die Realisierung eines Quanteninternets, selbst in seiner einfachsten Form, eine technologische und intellektuelle Herausforderung dar, an der alle Beteiligten wachsen und reifen können. Der Vortrag gibt einen Einblick in die zugrunde liegenden Ideen und erörtert, wie der Traum vom Quanteninternet in die Realität gebracht werden könnte.
12. September 2025
Der bedrohte Leviathan: Staat und Revolution in Russland
Prof. Dr. Jörg Baberowski
Humboldt Universität zu Berlin
tbd.
17. September 2025
Sedimentbecken und Georessourcen - eine kurze Geschichte von Steinen, Wärme und Fluiden
Die meisten gesellschaftlichen Herausforderungen von heute stehen in einem geowissenschaftlichen Kontext: die Energieversorgung, digitale Technologien und die Wasserversorgung können ohne geowissenschaftliche Kenntnisse darüber, welche Ressourcen warum und wo vorhanden sind und wie sie mit minimalen Umweltauswirkungen nachhaltig genutzt werden können, nicht aufrechterhalten werden. Ein wichtiger Bereich in diesem Zusammenhang sind Sedimentbecken, die als Archive der Erdgeschichte die Umweltbedingungen der Vergangenheit aufzeichnen und außerdem selbst Bereiche darstellen, in denen heute z.B. Wasser und Wärme zu finden sind. Meine Forschung untersucht die Geodynamik von Sedimentbecken und deren Relevanz für Geoenergieanwendungen und Geogefahren. Hierzu entwickelt meine Arbeitsgruppe digitale Zwillinge des Untergrunds, die mit möglichst vielen Messdaten konsistent sind. Dafür ist ein skalenübergreifender Ansatz erforderlich, der von der Betrachtung der gesamten Lithosphäre und ganzer Beckensysteme, über das Verständnis der regionalen Spannungs-, Fließ- und Wärmefelder bis hin zu lokalen Modellen für angewandte, nutzungsbezogene Fragen reicht.
Besonders interessant ist hierbei ob man den Untergrund sicher und nachhaltig nutzen kann, z. B. für Geothermie. Mit Beispielen aus dem Norddeutschen Becken zeige ich, wie wir herausfinden, wie der Untergrund aussieht und welche Folgen das z.B. für die Tiefe Temperaturverteilung hat. Die Temperaturverteilung im Untergrund ist für alle Geoenergiefragestellungen aber auch für die Deformation relevant. Sie ist das komplex überlagerte Ergebnis unterschiedlichen Wärmeeintrags aus der tiefen Erde, der in situ erzeugten radiogenen Wärme, einer heterogenen Verteilung von thermischen Leitfähigkeiten und eines gekoppelten Transports von Wärme und Porenfluiden. Außerdem erkläre ich wie sich digitale Zwillinge des Untergrunds nutzen lassen um z.B. die Auswirkungen des Klimawandels auf die Grundwasserdynamik zu untersuchen.
19. September 2025
Biodiversität und Geochemie der Arktischen Gletscherwelt
Prof. Liane G.
Benning
GeoForschungsZentrum
Potsdam
Der Klimawandel und das damit verbundene Abschmelzen der Gletscher in der Arktis, insbesondere in Grönland, tragen jedes Jahr mehrere Millimeter zum Anstieg des globalen Meeresspiegels bei. Algen, die jeden Sommer auf dem Schnee/ Eis blühen, wirken sich auf dieses Schmelzen aus. Als Reaktion auf eine hohe UV-Belastung produzieren sie rote bis dunkelviolette Pigmente, welche die Albedo der Schnee- und Eisoberflächen reduzieren. Dadurch beschleunigen sie das Schmelzen des Grönländischen Eisschildes. In unserer Forschung untersuchen wir, wodurch die Blüten solcher Mikroalgen getriggert werden und welche biochemischen Prozesse die Vielfalt und metabolischen Funktionen dieser Algenblüten kontrollieren, und dadurch eine große Rolle in unserem Leben im Morgen bzw. in der Zukunft spielen werden.
02. Oktober 2025
Thomas Mann als Pädagoge
Dr. Edo Reents
Redakteur der FAZ
FAZ
Th.M. hat, als metaphysisch unterlegter Geschichtsskeptiker und Fatalist, dennoch erzieherisch gewirkt oder dies zumindest versucht – vor allem im „Zauberberg“, ansatzweise, hier und da überhaupt in seinem Spätwerk und vor allem in seinen Reden an „Deutsche Hörer!“ Das bedeutet, er hegte im stillen die Hoffnung, daß eine Besserung des Menschen und des Daseins möglich wäre oder tat zumindest so, als hege er sie, glaubte aber letztlich wohl nicht daran. Der Vortrag versucht, diese Spannung, diesen Widerspruch zu verdeutlichen und deren geistes- und mentalitätsgeschichtliche Ursachen zu klären.
09. Oktober 2025
"Heiliger Vater, helfen Sie uns!" – Die Bittschreiben jüdischer Holocaustopfer in den Vatikanischen Archiven.
Prof. Hubert Wolf
Universität Münster
Zur Zeit des NS-Regimes schrieben tausende jüdische Menschen Briefe an die katholische Kirche und baten Papst Pius XII. und den Vatikan um Hilfe. Bis zur Öffnung der Bestände Pius XII. im März 2020 waren diese in den geheimen Archiven des Vatikan unter Verschluss.
Nun haben der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Dr. h.c. Hubert Wolf und sein Team im Rahmen des Forschungsprojekts „Asking the Pope for Help“ tausende dieser anrührenden Bittbriefe von Juden an den Papst gefunden, deren Weg durch die vatikanischen Instanzen ermessen lässt, welche Informationen aus erster Hand in Rom landeten und wie man darauf reagierte.
Der Vortrag von Prof. Wolf wirft ein besonderes Licht auf die Zeit der Shoah und gibt Auskunft über die Haltung des Vatikan zu Nationalsozialismus und Holocaust. Warum hat der Papst geschwiegen? Hat er das überhaupt? Was wusste er? Wir dürfen gespannt sein, was mit der jüngsten Freigabe der Akten aus dem Pontifikat Pius, XII. zu Tage gefördert wird.
