Programm 2022

Programm der
32. Auricher Wissenschaftstage

07. September 2023

Eröffnungsveranstaltung

Digitales Grußwort der Bundesministerin
Bettina Stark-Watzinger

Jenseits von Afrika: Der Weg des Homo sapiens nach Europa unter dem Einfluss von Klima- und Umweltveränderungen

Prof. Dr. Thomas Litt

Universität Bonn
Institut für Geowissenschaften

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Die Wiege des modernen Menschen befindet sich in Afrika – das ist seit einem halben Jahrhundert bekannt. Vor einem Jahrzehnt herrschte noch die Auffassung, dass vor rund 70.000 Jahren eine kleine Gruppe des Homo sapiens von Afrika nach Europa einwanderte. Durch anatomische und intellektuelle Überlegenheit soll sie bei ihrem Vormarsch archaische lokale Populationen verdrängt haben, wodurch sich der Homo sapiens als einzige Art der Menschheit durchsetzte.

Dieses Bild hat sich grundlegend verändert, seit sich herausgestellt hat, dass nicht nur eine Migrationswelle, sondern mehrere, auch ältere afrikanische Homo-sapiens-Populationen sich auf ihre Reise nach Eurasien begeben haben. Verbesserte radiometrische Datierungen von Homo sapiens-Fossilien legen darüber hinaus nahe, dass das Ursprungsgebiet des modernen Menschen nicht nur Ostafrika, sondern auch Süd-und Nordwest-Afrika umfasst. Die Zeitskala des modernen anatomischen Menschen reicht nun bis auf 300.000 Jahre zurück.

Ein Forscherteam entschlüsselte in den vergangenen zwölf Jahren im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 806 „Unser Weg nach Europa“ das komplexe Zusammenspiel von kulturellen Innovationen und Umweltveränderungen, das die Wanderungen prägte. Die Arbeitsgruppe um Prof. Litt untersuchte speziell, welche Wege der Homo sapiens von Afrika nach Eurasien in den vergangenen Jahrhunderttausenden genommen hat bzw. wann und wo aus paläoökologischer und paläoklimatologischer Sicht Migrationskorridore oder -barrieren vorhanden waren. Es zeigte sich, dass der östliche Küstenstreifen des Mittelmeeres zwischen der heutigen Türkei und Ägypten, die sog. Levante, als einzige permanente Landverbindung zwischen Afrika und Eurasien die Schlüsselregion als Migrationsweg des modernen Menschen war.

Litt´s Arbeitsgruppe forschte intensiv an Bohrkernen etwa aus dem Toten Meer oder dem See Genezareth, in denen die Umweltgeschichte der letzten Jahrhunderttausende hervorragend konserviert und dokumentiert ist. Somit lassen sich Veränderungen des Pflanzenkleids ablesen und die Klimaverhältnisse rekonstruieren, die maßgeblichen Einfluss auf die Lebensbedingungen des Homo sapiens als Jäger und Sammler hatten. Die Daten verdeutlichen, dass die Levante nur in bestimmten engen Zeitfenstern als Migrationskorridor in Frage kam, wenn unter günstigeren Klimabedingungen weder Wüsten noch dichte Wälder den Vormarsch erschwerten und somit den Weg nach Europa öffneten.

09. September 2022

Wasserstoff, die Energie der Zukunft?

Prof. Dr. Detlef Stolten

FZ Jülich
Institut für Energie-und Klimaforschung

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Prof. Dr.-Ing. Detlef Stolten

  • Institut für techno-ökonomische Systemanalyse (IEK-3), Forschungszentrum Jülich
  • Lehrstuhl für Brennstoffzellen, RWTH Aachen

Der Vortrag zeigt die Bedeutung von Wasserstoff ausgehend von den physikalischen und chemischen Eigenschaften auf. Daraus leitet sich auch die energietechnische Einordung ab, da Wasserstoff in technischen Mengen nicht natürlich vorkommt.

Der Treiber für die Transformation des Energiesystems liegt nicht in der Verknappung fossiler Ressourcen – die es durchaus gibt – die aber durch nicht so zeitkritisch wäre, sondern im Klimawandel begründet. Dieser ist mittlerweile nicht nur in Modellierungen, sondern konkret in großen und gesellschaftlich teuren Umweltkatastrophen weltweit sichtbar.

Die Bedeutung des Wasserstoffes reiht sich damit in die Aufgabe ein, das Energiesystem im weitesten Sinne – und dazu gehören auch die energierelevanten Rohstoffe wie beispielsweise Naphta für die chemische Industrie – zunächst CO2 emissionsarm, dann bis 2045 CO2 emissionsfrei und danach sogar CO2 negativ zu bekommen, um das 1,5°C bzw. das 2°C Ziel der maximalen Klimaerwärmung einzuhalten.

Wasserstoff ist ein sekundärer Energieträger, der einerseits zu Speicherzwecken in einer weitgehend stromorientierten Energiewirtschaft der Zukunft benötigt wird. Es wird Wasserstoff – zusammen mit gewissen Biogasanteilen – zukünftig obliegen, durch Rückverstromung gespeicherter Energie die Stromversorgung in Zeiten erneuerbarer Flauten sicherzustellen. Andererseits wird Wasserstoff zur Dekarbonisierung von Hochtemperaturprozessen in der Industrie benötigt, wie in der Glas-, Keramik oder Zementherstellung. Auch als Reduktionmittel in der Stahlindustrie oder als Ausgangsstoff für Kohlenwasserstoffe in der chemischen Industrie wird Wasserstoff im Rahmen der Defossilisierung der Industrie benötigt. Nicht zu vergessen sind Verkehrsanwendungen, die einen besonders frühen Markteintritt versprechen und heute in Deutschland überwiegend nur für Lkw und Busse diskutiert werden während in Asien die Pkw-Produktion mit Brennstoffzellenantrieben hochgefahren wird. Da der benötigte Wasserstoff für diese Antriebe aus erneuerbaren Quellen – und damit aus Strom –hergestellt werden muss, damit sich der nötige CO2-Reduktionseffekt ergibt, wird an diesem Beispiel die Bedeutung der sogenannten Sektorkopplung erläutert.

Alternativen zu Wasserstoff, wie Ammoniak oder Methanol und flüssige Kraftstoffe gehen in einer nicht-fossilen Welt ebenfalls von Wasserstoff durch weitere Umwandlungsschritte aus. Sie unterliegen daher weiteren Verlusten von ca. 30-50% je nach Technik und Stoff, sind dafür aber bestehenden Strukturen des Energie- und Stoffsystems ähnlicher und werden daher – oftmals als Brückentechnologien – betrachtet und teilweise verfolgt.

Diese Entwicklungen werden kurz skizziert und dann in einen energietechnischen Zusammenhang über ein deutsches Energieszenario das am IEK-3 erarbeitet wurde, gestellt. Die Berechnungen ergeben einen jährlichen Bedarf in Deutschland von 12 Mio. Tonnen Wasserstoff, energetisch etwa 80% der heutigen Stromproduktion Deutschlands entsprechend, der in dem kostenminimierten Szenario hälftig importiert und hälftig in Deutschland hergestellt wird. Energetisch wird der Wasserstoff nur etwa 1/3 des Stromes ausmachen, jedoch in einer anderen, unverzichtbaren Funktion.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Wasserstoff qualitativ wie quantitativ eine elementare, unverzichtbare Stütze der Transformation des Energiesystems ist und nur in Verkennung der wissenschaftlich-technischen Sachlage als „Champagner der Energiewende“ bezeichnet werden kann.

13. September 2022

! Veranstaltung verschoben !

Tickets behalten ihre Gültigkeit.
Ein neuer Termin wird zeitnah bekannt gegeben.

Quantentheorie – Von der wissenschaftlichen Revolution zum Werkzeug in der Chemie

Prof. Dr. Joachim Sauer

Humboldt Universität zu Berlin
Institut für Chemie

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Seit Frauenhofer haben Astrophysiker im kontinuierlichen Spektrum des Sonnenlichts diskrete schwarze Linien beobachtet, was bedeutet, dass Atome nur Licht ganz bestimmte Wellenlänge aufnehmen oder abgeben können.


Für die Erklärung war eine wissenschaftliche Revolution nötig – die Quantenmechanik – die zum Weltbild der Moderne gehört. Inzwischen ist die Quantenmechanik zur „Normalwissenschaft“ geworden. Die (näherungsweise) Lösung der Schrödingergleichung mittels quantenchemischer Rechenverfahren ist heute ein unverzichtbares Werkzeug der modernen Chemie.

Im Vortrag wird das fruchtbare Zusammenwirken von Experiment und Quantenchemie bei der Bestimmung der atomaren Struktur nanoskaliger Systeme (Cluster, dünne Filme, Wasser in Nanoporen) besprochen.

14. September 2022

Unser Leben mit Bakterien

Prof. Dr. Jörg Overmann

Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen

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Bakterien können viel mehr als krank machen – tatsächlich sind die allerwenigsten von Ihnen gefährliche Infektionserreger. Viel öfter sind Bakterien ein essentieller Teil unseres Lebens, indem sie zum Beispiel unser Darmsystem oder unsere Haut besiedeln und damit entscheidend unsere Gesundheit fördern. Bakterien können neuartige Antibiotika synthetisieren, Strom erzeugen, oder Öl, Plastik und Schadstoffe abbauen. Zunehmend wird auch klar, welche Bedeutung Bakterien für den Umgang mit der Klimakrise, eine nachhaltige Landwirtschaft und das angestrebte „grüne Wachstum“ haben. Diese Erkenntnisse wurden vor allem durch die revolutionären Entwicklungen in den molekularen Lebenswissenschaften über die letzten Jahren ermöglicht. Zusammen mit der Bioinformatik und den Datenwissenschaften konnten so ganz neue Einblicke in die Diversität von Bakteriengemeinschaften, ihre Funktionen und ihr Nutzungspotential gewonnen werden, die im Rahmen des Vortrags genauer diskutiert werden.

15. September 2022

Das Welterbe im Harz – Vermittlungs- und Entwicklungsperspektiven einer Kulturlandschaft

Gerhard Lenz M.A.

Weltkulturerbe Rammelsberg

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Die Altstadt von Goslar und das Erzbergwerk Rammelsberg wurden im Jahre 1992 zum Welterbe der UNESCO ernannt. Im Jahre 2010 erfolgte die Erweiterung um die Oberharzer Wasserwirtschaft.

Das kulturelle Erbe umfasst über 800 Monumente, die über eine Fläche von 200 km2 verstreut sind und nicht als geschlossene Kulturlandschaft unter Schutz gestellt wurden.

Dieses im räumlichen Sinne sozial konstruierte Welterbe, stellt aufgrund seiner Vielgestaltigkeit, seines langen Zeithorizonts und seiner „Unsichtbarkeit“ besondere Herausforderungen, an Fragen der Vermittlung und der ökonomischen wie politischen Erarbeitung von Akzeptanz.

Die Stiftung Welterbe im Harz widmet sich diesen Aufgaben und entwickelt derzeit unter Anderem drei Welterbe-Informationszentren, die die Region erschließen sollen und deren erstes im Juli 2020 eröffnet wurde.

22. September 2022

Sprachkampf, oder: Welchen Wert hat die deutsche Sprache?

Prof. Dr. Henning Lobin
Universität Mannheim Leibniz
Institut für Deutsche Sprache

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Um die deutsche Sprache gibt es heftige Auseinandersetzungen: gendergerechte Sprache, „politische Korrektheit“, sprachliche Manipulation, vor 25 Jahren die Rechtschreibreform. Derartige Auseinandersetzungen haben Tradition, wie ein Blick in die Sprachgeschichte zeigt. Im 19. Jahrhundert etwa sollte die groß angelegte Abschaffung der französischen Fremdwörter das neue nationale Selbstbewusstsein demonstrieren, das nach der späten Reichsgründung 1871 aufgekommen war.

Allen diesen Auseinandersetzungen liegt dabei die Frage zugrunde, was für ein Wert der Sprache zugemessen wird. Wie ist der praktische Wert der deutschen Sprache, ihr kultureller, gesellschaftlicher oder auch ihr nationaler Wert zu fassen?

Im Vortrag wird gezeigt, wie unsere Sprachauffassungen im 19. Jahrhundert entscheidend geprägt wurden, wie sie heute weiterwirken und in die aktuellen sprachpolitischen Konflikte einfließen. Es soll aber auch darum gehen, wie der ursprüngliche Wert, den das Deutsche für die Entwicklung Deutschlands in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht hatte, im Deutschland des 21. Jahrhunderts Wirkung entfalten kann.

27. September 2022

You're being watched - Tipps und Tricks der Hacker

Prof. Dr. Arno Wacker und Dr. Kieselmann

Forschungsinstitut CODE von der Universität der Bundeswehr München

 

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In diesem Vortrag demonstrieren wir live, wo Gefahren für die eigenen Daten im alltäglichen Umgang mit der digitalen Welt lauern. Anhand verschiedener praxisnaher Beispiele stellt wir Angriffe und entsprechende Gegenmaßnahmen vor. Dabei werden wir u.a. E-Mails abfangen, in ein WLAN-Netz einbrechen und ein Windows-PC aus der Ferne vollständig übernehmen. Ziel des Vortrags ist es, die Aufmerksamkeit der Teilnehmer im digitalen Alltag zu schärfen, denn wenn man mit einem gesunden Sicherheitsbewusstsein in der digitalen Welt unterwegs ist, ist ein wirksamer Schutz oft einfacher als gedacht.

05. Oktober 2022

Die Varusschlacht – Mission Impossible?

Dr. Stefan Burmeister

Die Varusschlacht im Osnabrücker Land

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Seit mehr als 30 Jahren wird in Kalkriese archäologisch geforscht. Mehr als 7000 römische Funde sind bislang ans Tageslicht gekommen. Ist Kalkriese ein Ort der historischen Varusschlacht? Vieles spricht dafür; doch Zweifel an dieser Deutung stehen weiterhin im Raum. Zwei historische Ereignisse für den Fundniederschlag vor Ort werden diskutiert: War es die Varusschlacht 9 n. Chr. oder die Schlacht an den Langen Brücken 15 n. Chr. Weder die Archäologie noch die Geschichtswissenschaft erlauben bislang eindeutige Aussagen.

In dem Vortrag werden die grundlegenden Probleme bei der historischen Interpretation des Fundplatzes dargestellt sowie Einblicke in die archäologischen Forschungen der letzten 30 Jahre in Kalkriese gegeben. Die jüngsten Untersuchungen geben Anlass, den Fundplatz neu zu denken. Es ist work in progress, bei dem die Zuhörer und Zuhörerinnen für den Abend dabei sein können.