Praktikum am CeTPD im Oktober 2023
von Johnny Nguyen

Über den Kölner Flughafen erreichte ich am 16.10.2023 die schottische Hauptstadt Edinburgh, die ich im Laufe meiner Zeit in Schottland noch erkunden werden sollte. Zunächst aber ging es für mich nach Dundee – in eine kleine beschauliche Stadt, die in Mitten der immergrünen schottischen Landschaft verborgen liegt. Kaum angekommen sprang mir direkt das auffällig große und moderne Erscheinungsbild der dortigen Universität im Zentrum der Stadt ins Auge. Lange Zeit hat sich meine Praktikumsstelle, das CeTPD (Centre for Targeted Protein Degradation), diese Einrichtungen mit der Universität geteilt, bevor es im Jahr 2023 ein eigenes Gebäude bezogen hat.
Abbildung 1: Gebäude des CeTPD
Abbildung 1: Gebäude des CeTPD
Abbildung 2: Übersicht über Dundee
Abbildung 2: Übersicht über Dundee

An meinem ersten Praktikumstag, dem 17.10., betrat ich eben jenes neue Gebäude, in dessen Forum ich von meinen Betreuerinnen Claudia Diehl und Alessandra Salerno empfangen wurde. Zu Beginn wurde ich in den Räumlichkeiten des Instituts umhergeführt. Im Anschluss wurde mir dessen Geschichte und Forschungsziel erklärt. Der Schwerpunkt der Forschung liegt darin, mit einem eigens synthetisierten Molekül, einem sogenannten PROTAC, auf zielgerichtete Weise Proteine in Zellen zu zerstören, indem man sich zelleigene Prozesse zu Nutze macht. Bei dem Vorgang werden Proteine anvisiert, die sich schädlich auf Stoffwechselvorgänge im Körper auswirken können. Bereits am Ende des ersten Tages durfte ich schon mein erstes Experiment im Labor durchführen. Für mich war es das erste Mal, dass ich in einem wissenschaftlichen Labor gearbeitet habe. Ich habe den Umgang mit den dort gängigen Laborgeräten, wie Zentrifugen und automatischen Pipetten, gelernt. Desweitern gab es moderne Laborgeräte, die in kürzester Zeit Analysen meiner Proben ermöglichten. Trotz all der Unterstützung durch die Geräte ist mir schnell klargeworden, dass die Arbeitsschritte der Experimente Präzision und viel Fingerspitzengefühl erfordern. Zu den Arbeitsschritten gehörten zum Beispiel das Pipettieren, bei dessen Ausführung hektische Bewegungen vermieden werden müssen, damit keine Bläschen in der Lösung entstehen, wie auch das Abwiegen von Stoffmengen, deren Masse es bis auf die letzte Kommastelle genau zu bestimmen gilt. Zusätzlich muss über den gesamten Vorgang hinweg auf einen sorgsamen Umgang mit lebenden Zellkulturen geachtet werden. Erst nach mehreren Durchführungen eigener Versuche und stetigem Erlernen der Arbeitsschritte habe ich mir eine ruhige Hand antrainiert. Meine Betreuerinnen sagten mir, dass die Handgriffe bei Experimenten lediglich reine Übungssache und nicht von Talent abhängig seien.

Abbildung 3: Ich am Pipettieren

In den folgenden Tagen durfte ich schrittweise jeden Bereich des Instituts aus nächster Nähe erleben darunter die Biophysik, die Chemie, die Zellbiologie und die strukturelle Biologie. In jedem Bereich hatte ich die Möglichkeit, mit einem fachspezifischen Betreuer oder einer fachspezifischen Betreuerin Versuche und Untersuchungen vorzunehmen. Im Anschluss habe ich die einzelnen Ergebnisse mit ihrer Hilfe ausgewertet und die jeweiligen Beobachtungen gedeutet. So enthielt jede Session des Instituts sowohl neue praktische als auch theoretische Inhalte.

Anfangs ging es für mich in die Biophysik. Hier habe ich die Anziehungskräfte, beziehungsweise die molekularen Wechselwirkungen, zwischen den Proteinen und dem PROTAC-Molekül untersucht. In der Chemie hingegen habe ich beobachtet, wie die verwendeten Moleküle entwickelt und synthetisiert werden. Für einen meiner Versuche, die im Programm festgelegt waren, durfte ich das bekannte Medikament Aspirin selbst herstellen. Dafür habe ich Salicylsäure und Essigsäureanhydrid in einem Gefäß zusammengegeben. Zusätzlich habe ich Phosphorsäure als Katalysator ergänzt, welche die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht hat. Unter dem Abzug habe ich die Lösung für 10 Minuten auf eine Reaktionstemperatur von 85 Grad erhitzt. Anschließend habe ich die Wärmezufuhr gestoppt und Wasser hinzugegeben. Bei Raumtemperatur bildeten sich nun feste Kristalle. Nach Abtrennung des Wassers durch Filtration hatte ich schlussendlich reines Aspirin synthetisiert.

Außerdem habe ich einen Versuch, der im Mechanismus der nukleophilen Substitution abläuft, durchgeführt. Eben dieser Versuch ist mir auch gut in Erinnerung geblieben, da ich kurz vor meiner Abreise im schulischen Unterricht diesen Mechanismus kennengelernt habe, wenn auch vorwiegend theoretisch. Im Praktikum hingegen habe ich nun nicht nur dessen praktischen Anwendungen in der Forschung kennengelernt, sondern durfte diesen sogar selbst ausführen.

Abbildung 4: Synthetisiertes Aspirin
Abbildung 4: Synthetisiertes Aspirin

Da alle für Forschungszwecke verwendete Proteine eigens gezüchteten Zellen entnommen werden, habe ich in der Zellbiologie in meiner zweiten Praktikumswoche dabei mithelfen dürfen, bestehende Zellkulturen zu vervielfachen. Zellkulturen wachsen und vermehren sich in mit Medium gefüllten Behältern, sogenannten „dishes“ . Wenn eine hohe Konzentration an Zellen in einem solchen Behälter vorliegt und die Ressourcen knapp werden, werden diese in geringen Mengen in mehrere „dishes“ verteilt, wo sie mehr Platz und Nahrung haben und sich somit besser vermehren können. Um die Anzahl an Zellen in einem Medium zu bestimmen, gibt es entsprechende Messgeräte. Zudem ist es möglich zwischen lebenden und toten Zellen zu unterscheiden. Dafür wird dem Medium der Farbstoff „trypan blue“ zugesetzt. Dieser kann leicht durch die sich zersetzenden Zellmembranen der toten Zellen eindringen. Unter dem Mikroskop erscheinen die toten Zellen dann dunkelblau.

Abbildung 5: Behälter mit 6 „dishes", in denen Zellkulturen gezüchtet werden
Abbildung 5: Behälter mit 6 „dishes", in denen Zellkulturen gezüchtet werden

In der strukturellen Biologie habe ich zudem den Komplex aus dem PROTAC-Molekül, dem anvisierten Protein und einem weiteren Protein, der Ligase, unter dem Mikroskop betrachtet. Diese Komplexe verbinden sich in Form von Kristallen, was ein beeindruckendes Bild abgibt.

Abbildung 6: Kristalle
Abbildung 6: Kristalle

Zusätzlich habe ich im Laufe des Praktikums vom Institut die Gelegenheit bekommen, mich mit Bachelorstudenten und -studentinnen der anliegenden Universität auszutauschen, die vom Alter her nicht allzu weit von mir als Abiturient entfernt waren. Nicht nur sie, sondern auch weitere Forscher und Forscherinnen sowie Betreuer und Betreuerinnen, die ich alle im Laufe des Praktikums kennenlernen durfte, haben mir nützliche Ratschläge bezüglich einer beruflichen Karriere in der Wissenschaft mitgeben können.

Rückblickend konnte ich durch mein Praktikum in vielerlei Hinsicht neue und interessante Erfahrungen mitnehmen – angefangen natürlich mit dem Einblick in den Aufbau und den Arbeitsalltag eines wissenschaftlichen Instituts. Im Rahmen dieses Praktikums durfte ich sehr viel praktisch im Labor arbeiten sowie wissenschaftliche Arbeitsmethoden und den Umgang mit Laborgeräten und Apparaturen erlernen. Gerade dies weiß ich sehr zu schätzen, da mir dies bei vorherigen Praktika verwehrt blieb. Darüber hinaus konnte ich die Praktikumsinhalte sogar mit dem in der Schule erworbenen Wissen verbinden und erweitern.

Doch auch auf zwischenmenschlicher Ebene hat mir das Praktikum Türen geöffnet. Ich habe viele freundliche und hilfsbereite Personen im Institut kennengelernt, die mir gegenüber aufgeschlossen waren. Dies hat mir sehr geholfen mich in diesem neuen Umfeld einzufinden, was gewiss eine Herausforderung im Praktikum darstellt, abgesehen von den wissenschaftlichen Inhalten.

Abbildung 7: Meine Betreuerin Aina und ich
Abbildung 7: Meine Betreuerin Aina und ich

Nicht zuletzt habe ich habe ich durch das Praktikum Landschaft, Sprache und Kultur eines für mich bis dahin unbekannten Landes erleben können. So war ich privat als auch im Praktikum auf meine Englischkenntnisse angewiesen. Im Labor und mit den Forschern des Instituts habe ich ausschließlich Englisch gesprochen, auch die theoretischen Einheiten und das Fachwissen wurden mir auf Englisch vermittelt. Ich hatte viele private und alltägliche Gespräche auf Englisch mit den Forschern, aber auch fachspezifisches Englisch für die wissenschaftliche Arbeiten habe ich mir aneignen können. In dieser Hinsicht eine tolle Erfahrung. Das Wochenende, das mir freigestellt wurde, habe ich beispielsweise für einen Besuch der schottischen Hauptstadt Edinburgh genutzt. Dort war ich im Nationalmuseum, habe die Innenstadt erkundet und eine kleine Tour über die hügelige Landschaft gemacht.

Abbildung 8: Edinburgh, rechts befindet sich das National Art Museum of Scotland, an dem ein Park grenzt. Auf dem Hügel
befinden sich alte Schlossgebäude, hinter denen verbirgt sich die Altstadt.
Abbildung 8: Edinburgh, rechts befindet sich das National Art Museum of Scotland, an dem ein Park grenzt. Auf dem Hügel befinden sich alte Schlossgebäude, hinter denen verbirgt sich die Altstadt.

Schlussendlich betrachte ich das Praktikum in Dundee als eine wertvolle und lehrreiche Zeit, in der ich einen Einblick in die wissenschaftliche Arbeit in einem Labor und das Umfeld sowie den Arbeitsalltag der dortigen Forscherinnen und Forscher erhalten habe. Besonders gelungen fand ich, dass das Praktikum abwechslungsreich gestaltet und geplant worden ist, wodurch ich mit vielen Forscherinnen und Forschern und Studierenden in Kontakt treten konnte. An dieser Stelle bedanke ich mich sehr bei den Auricher Wissenschaftstagen, dem Institut sowie vor allem bei meinen Betreuerinnen Claudia Diehl und Alessandra Salerno, die mir in Zusammenarbeit das Praktikum ermöglicht haben.